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LFL e.V. ~ Wildweg 3 ~ 57078 Siegen

Lernen fürs Leben Siegen e.V.

Wildweg 3
57078 Siegen

0271-7411-0102
www.lfl-siegen.de
vorstand@lfl-siegen.de


Natur-Förder-Schule

Konzept, Stand: 21.05.2024

1.   Unser Ziel

Mit der Natur-Förder-Schule (Arbeitsname) soll eine Förderschule in freier Trägerschaft entstehen, die auf der Grundlage der Pädagogik und Sozialwissenschaft Rudolf Steiners aufbaut.

Das Schulleben und die Pädagogik soll dabei durchgängig an dem orientiert werden, was in der Waldorfpädagogik bereits veranlagt ist: am Erhalt der Natur und der menschlichen Zivilisation im Sinne der weltweiten Nachhaltigkeitsziele (UN-Agenda 2030).

In der multiplen Krise der Gegenwart sollte gerade Schule ein Ort sein, der beispielhaft Antworten auf die verschiedenen Aspekte dieser Krise geben kann. Die heftigen Bedrohungsszenarien gehen auch an Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen nicht vorbei. Ihr Lebensgefühl darf nicht in Ohnmacht und Pessimismus einer „letzten Generation“ versinken. Im Gegenteil: Schule sollte Hoffnung und Optimismus wecken durch beispielhaftes Verstehen der Zusammenhänge und vor allem durch das tägliche und tätige Erleben, im Einklang mit Natur und Menschheit für eine positive Zukunft wirksam handeln zu können.

Wenn wir wollen, dass die Erwachsenen von morgen die bedrohte Natur kennen und lieben werden und sich an einer nachhaltiger geordneten Welt beteiligen wollen, müssen wir den jetzigen Kindern ermöglichen, dies zu lernen.

Dies ist auf jeder Alterstufe und bei jeder Schwere von Behinderung möglich, und es lässt sich problemlos mit allen traditionellen Lernansprüchen wie auch mit den Zielen der Waldorfpädagogik verbinden. Es treten keine zusätzlichen Lerninhalte und Belastungen auf, sondern unsere Schule soll mit dieser Orientierung an der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) einen besonderen Charakter erhalten.

Zugleich soll allerdings der Schwerpunkt auf Naturerfahrung so deutlich gesetzt werden, dass dies ~ siehe Punkt 5 „Mensch und Natur“ ~ den traditionellen Rahmen von Schule teilweise übersteigt und (neben einigen notwendigen Kooperationen) eine entsprechend außerörtliche Lage des Schulgeländes bedingt.

2.   Entstehungsanlass und Bedarfslage

Die Natur-Förder-Schule entsteht aus einer lokalen Initiative von Eltern, LehrerInnen und UnterstützerInnen. Ihre Wurzeln finden sich in der Heilpädagogischen Waldorfschule NN-Schule1.

Im bewährten Modell einer Eltern-LehrerInnen-Trägerschaft soll der Verein Lernen fürs Leben Siegen e.V. Schulträger werden.

Die Natur-Förder-Schule soll dabei keine Konkurrenz zur bestehenden NN-Schule1 darstellen, sondern das Bildungsangebot im Einzugsbereich ergänzen. Mit dem Schwerpunkt auf Naturpädagogik und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), einem besonderen Fokus auf die Schuleingangsphase und einer engen Zusammenarbeit zwischen LehrerInnen und Elternhäusern bzw. Betreuungseinrichtungen wird eine Neuausrichtung angestrebt.

In den letzten Jahren war in der NN-Schule1 deutlich geworden, dass die Nachfrage nach Schulplätzen bereits in der Unterstufe kontinuierlich stieg. Insbesondere in der Mittelstufe konnten nicht mehr alle SchülerInnen aufgenommen werden und es gab Wartelisten, die die Kapazitäten der Schule überstiegen.

Allgemein ist vielen Eltern in den letzten Jahren deutlich geworden, dass das Setting des Gemeinsamen Lernens (Beschulung von Kindern mit verschiedenen Beeinträchtigungen im Rahmen von Regelschulen in normaler Klassengröße etc.) längst nicht für alle Kinder entwicklungsfördernd und ein im Sinne der Inklusion zufriedenstellender Schulort ist.

Ein wachsender Bedarf nach Schulplätzen im „geschützten Rahmen“ einer Förderschule ist aus unserer Sicht zweifelsfrei gegeben.

Zugleich haben sich die naturpädagogischen Schwerpunkte, wie wir sie bereits an der NN-Schule1 aufgebaut und erfolgreich betrieben haben, so deutlich bewährt, dass wir sie heute ~ vor dem veränderten Gegenwartshintergrund der „multiplen Krise“ und den entsprechenden weltweiten Nachhaltigkeitszielen ~ erheblich verstärkt und in erweiterter Form ins neue Konzept einbauen wollen: siehe Punkt 5.

3.   Rahmendaten zum Schulkonzept

Das vorliegende Schulkonzept lehnt sich in vielen Aspekten an die Erfahrungen an, die wir (PädagoInnen) während unserer bis zu 28jährigen Tätigkeit an der NN-Schule1 gemacht haben. Der zwölfklassige Aufbau mit dort zuletzt 128 SchülerInnen erscheint als ein reichlich bewährtes Modell (das es ähnlich auch in anderen Waldorf-Förderschulen sowohl in NRW wie in anderen Bundesländern gibt):

Im Endausbau sollen jeweils bis zu 12 SchülerInnen mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten in 12 Jahrgangsklassen unterrichtet und gefördert werden.

Folgende offiziellen Förderschwerpunkte sollen möglich sein:

Darüber hinaus ist es uns ein Anliegen ~ sofern dies genehmigungsrechtlich möglich sein wird ~ , auch SchülerInnen mit besonderen und herausfordernden Biographien anzusprechen, die einen kleineren Lern- und Entwicklungsrahmen benötigen, um sich auf das Lernen konzentrieren zu können. Im Speziellen soll sich dieses Angebot an SchülerInnen mit traumatischen Erfahrungen wie z.B. Krieg und Flucht richten.

Unser Ziel ist es, eine Ganztagsschule mit folgenden Schulzeiten zu werden:

3.1   Gemeinsamer Unterricht

Unser erweitertes binnen-integratives Konzept wird auch dem Ziel der Inklusion gerecht. Teilhabe und heilpädagogische Förderung sollte nach unserer Ansicht den gesamten Unterricht und Tagesablauf durchziehen und sich in langjährigen menschlichen Beziehungen entfalten können.

Die sehr unterschiedlichen Förderschwerpunkte haben zur Folge, dass neben den Beeinträchtigungen auch die unterschiedlichen Stärken und Fähigkeiten in der SchülerInnenschaft einer Klasse zusammentreffen. Jedes Kind bringt ein Stück Vielfalt und damit „Normalität“ mit in die Klasse. Dadurch kann in besonderer Weise ein gegenseitiges Geben und Nehmen in den Bereichen des schulischen Lernens, des Sozialen und Emotionalen entstehen. Auf Grundlage der Heterogenität kann jedes Kind Vorbilder in der Klassengemeinschaft für sich ausmachen und andererseits mit den eigenen Stärken, sei es Lebensfreude, Mitgefühl, Willensstärke oder durch besondere Leistungsaspekte im Lernen selbst zum Vorbild für andere SchülerInnen werden.

3.2   Klassenübergreifende Angebote

Über die Klassengemeinschaft hinaus ist es uns ein besonderes Anliegen, dass die SchülerInnen und PädagogInnen die Schulgemeinschaft als Ganzes erfahren. Das Zusammenführen zu einem Schulganzen und Erleben von Gemeinschaft soll erreicht werden durch:

4.   Die Pädagogik

„Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen“ (Hermann Hesse)

4.1   Anthroposophische Heilpädagogik

Grundlage der anthroposophischen Pädagogik (Waldorfpädagogik) ist die von Rudolf Steiner entwickelte Menschenkunde. Die Gesetzmäßigkeiten der altersbedingten Entwicklungsstufen gelten ja auch für Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf und bilden die Grundlage für Unterricht und Erziehung.

In der anthroposophischen Heilpädagogik spricht man von „heilender Erziehung“. Man geht von der Überzeugung aus, dass die Individualität des Menschen mit Behinderung selbst nicht beeinträchtigt ist, sondern durch physische und psychische Störungen auf Hindernisse trifft, die individuellen Möglichkeiten entfalten zu können. Mit Hilfe der Menschenkunde versucht die Heilpädagogik, die Ursachen für die Behinderungen im Körperlichen oder Seelischen zu erkennen und durch pädagogisch-therapeutische Maßnahmen Hilfe zu geben. Dabei wendet man die Aufmerksamkeit nicht nur auf die Symptomatik der einzelnen SchülerInnen, sondern versucht in jedem Falle, seine unbeeinträchtigte Individualität, den Wesenskern, zu erreichen. Ziel der nach der Pädagogik Rudolf Steiners arbeitenden Schulen ist es, die Individualität des Menschen mit Behinderung zu größtmöglicher Entfaltung ihrer Kräfte zu bringen.

4.2   Besondere Schwerpunkte unserer Pädagogik

Der Name des Trägervereins „Lernen fürs Leben e.V.“ soll als Motto das gesamte Schulleben auf verschiedenen Ebenen durchziehen. Rudolf Steiner sagte zum Thema „Lernen“: Das Leben selbst ist die Schule ~ die Waldorfschule quasi nur eine Vorschule. Für Menschen, die von Behinderungen betroffen sind, gilt dies im erhöhten Maße. Wir wollen stets unser Hauptaugenmerk im Sinne der Waldorfpädagogik darauf richten, allen Kindern soviel ganzheitliche Entwicklungsmöglichkeiten zu geben, dass sie mit innerer Stärke im Leben stehen können und sich mit ihrer Welt auseinander setzen können.

  Verlässliche Beziehungen

Wir wollen, dass im täglichen Unterricht und Zusammensein „Lernen fürs Leben“ nicht nur auf kognitiver Ebene stattfindet. Basis für alles spezielle Lernen soll ein täglich erfahrenes Zugehörigkeitsgefühl zu den Mitmenschen und zur Welt sein. Gemeinsam wird eine lernfreudige Atmosphäre und Umgebung kultiviert, die ein staunendes Aufschauen zu gemeinsam erlebten Weltinhalten ermöglicht. Dies ist die beste Grundlage auch für kognitives Lernen.

Dafür ist besonders in den ersten Jahren der Schulzeit ein Raum nötig, in dem sich menschliche Begegnungen lebendig entfalten können und ihr Potential ausschöpfen können. Die überschaubare Klassengröße und das feste Zusammenbleiben der Klassen in der Kernzeit tragen dazu bei, aber auch die Zugehörigkeit der Klassenlehrkraft zu dieser Kindergruppe über die ersten 6 bis 8 Schuljahre hin. In der Unterstufe begleitet der Klassenlehrer die Kinder durch den größten Teil der Woche. Auch für die weiteren Jahre gibt es dann einen bleibenden Klassenbetreuer, der die Klasse bis zum Ende der Schulzeit führt.

Auch für die IntegrationshelferInnen, die für einige Kinder nötig sein werden, streben wir diese Verlässlichkeit an. Wir wollen daher in Absprache mit den Sozial- und Jugendhilfeträgern ein Pool-System einrichten, bei dem diese unterstützenden Menschen mit dauerhaften Arbeitsverträgen direkt ins pädagogische Team eingebunden sind.

Innerhalb der Klassengemeinschaft entsteht schon durch den Ganztagsbetrieb ein tragendes Gemeinschaftsleben. Die Mahlzeiten werden zusammen eingenommen und teilweise auch vor- oder zubereitet, die Pausen gemeinsam verbracht.

Im Sozialen lernen die SchülerInnen in bewusst gepflegten Erzählrunden das aktive Zuhören als Grundlage für die Entwicklung von Empathie und Konfliktbewältigungskompetenzen. Der Klärung von Auseinandersetzungen wird Raum gegeben und im aktiven Zuhören die Sichtweise des anderen zu verstehen versucht. So wird Leben miteinander geteilt und es entsteht eine Atmosphäre, in der jeder das Grundgefühl hat: „Ich darf so sein wie ich bin, und mich nach meinen Möglichkeiten und in meinem Tempo entwickeln“.

  Kollegium als lernende Gemeinschaft

Grundlegend ist in der Waldorfpädagogik der Gedanke, dass alle Erziehung im tieferen Sinne Selbsterziehung ist. Dies ist persönliche Aufgabe jedes Einzelnen, wird aber durch Gemeinschaft unterstützt: in unserm Fall durch die intensive Arbeit der wöchentlichen Lehrerkonferenz.

In gegenseitigen Unterrichtshospitationen soll für die pädagogische Qualitätssicherung und Weiterentwicklung in einem von Respekt und Wertschätzung getragenen Rahmen Raum für Entwicklung auf Augenhöhe gegeben werden.

Sehr bewusst wollen wir unsere Schule in kollegialer Selbstverwaltung gründen und betreiben, weil wir glauben und hierin auch reflektierte Erfahrung haben, dass unsere pädagogisch-menschlichen Ziele sich in diesem Rahmen am besten verwirklichen lassen.

Eltern-Lehrer-Gemeinschaft

Der Elternarbeit möchten wir einen besonderen Stellenwert geben. In regelmäßig stattfindenden Elternabenden und Einzelgesprächen werden wir die Eltern bzw. BetreuerInnen in unsere Arbeit einbinden und den Entwicklungs- und Lernstand der Kinder besprechen.

Nach unserer Erfahrung ist es von großer Bedeutung, das familiäre Umfeld in die Beschulung und Betreuung der Kinder miteinzubeziehen. Ein durchgehend begleitender Kontakt in Form von individuellen Beratungen, aber auch gemeinsamen Erlebnissen und Aktionen soll eine Schulsozialarbeit auf Vertrauensbasis ermöglichen.

Da wir oft erleben, dass es für Eltern viele Fragen und Nöte in Bezug auf die Erziehung ihrer Kinder gibt, möchten wir Angebote etablieren, die hier aktive Hilfe geben. So ist die Idee, grundlegendes Wissen zu Bindung, Erziehung, Frustration, Grenzen und Unreife auf Elternabenden zu vermitteln. Bei Resonanz in der Elternschaft können Lern- und Übungsräume von einem bindungsorientierten und traumainformierten Coachingansatz realisiert werden. Diese Coachingmethode richtet sich im Besonderen an Eltern und BetreuerInnen, die die Beziehung zu den Kindern und SchülerInnen vertiefen wollen, und lenkt das Augenmerk auf Fragen wie: Was passiert, wenn ich als Erwachsener aus meiner Gelassenheit falle? Was brauche ich persönlich, um in Verbindung mit dem Kind bleiben zu können ~ und was passiert in den Momenten, wenn dies nicht gelingt? Mit neugierigem Forscherblick und besonderen Übungen soll auf diese Punkte hingeschaut und ein Miteinander des Übens und gemeinsam Wachsens kultiviert werden.

Die Kinder sollen im Zentrum der Betrachtung stehen und im liebevollen Blick durch Eltern und LehrerInnen unterstützt werden.

Ein Sinnbild möge verdeutlichen, wie wir uns unsere Schulgemeinschaft vorstellen: In der Mitte unseres Kreises sind die Kinder („unsere Zukunft“), außen wir Erwachsenen. Der Kreis gibt den Kindern Schutz. Damit die Kinder wirklich in der Mitte des Kreises sein können und dort ihresgleichen begegnen können, müssen wir Erwachsenen sie loslassen: die Eltern kennen diese Aufgabe, aber auch die LehrerInnen müssen loslassen, und nicht etwa glauben, sie hätten die besseren Erziehungs-Einsichten. Nur wenn wir Erwachsenen alle loslassen können und selbstlos die Kinder Kinder sein lassen können, haben wir überhaupt die Hände frei, um unter uns Erwachsenen einen bewussten, starken, stabilen, schutzgebenden Kreis zu bilden. Gelingt uns dies, ist es zweifellos die größte Wohltat, die wir den Kindern geben können.

Als weiteres Angebot wollen wir, wenn nicht aus eigenen Kräften, dann durch Koordination, Ferienbetreuungsangebote für die Familien ermöglichen. Es ist besonders für Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen schwer, geeignete Betreuungsmöglichkeiten während der Schulferien zu finden. Ideal wäre, eventuell in Zusammenarbeit mit anderen Jugendhilfeträgern Betreuungen anzubieten, in die von der Schule her vertraute PädagogInnen oder KlassenhelferInnen einbezogen sind.

So soll unsere Schule für alle daran beteiligten Menschen, SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern und BetreuerInnen, ein Ort werden, an dem Lernen und Entwicklung in einem von Respekt und Achtung getragenen Rahmen gelebt wird.

5.   Mensch und Natur ~ Nachhaltigkeit und Selbstwirksamkeit erleben

5.1   Pädagogische Aspekte

In unserer natur- und wildnispädagogischen Ausrichtung orientieren wir uns an den Zielen der von den Vereinten Nationen 2015 beschlossenen Agenda 2030 (17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, SDGs), insbesondere am Ziel der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) im Sinne von SDG 4.

Eine naturnahe und naturschützende Pädagogik wird schon nahegelegt a) durch unsere waldorfpädagogische Orientierung, die viele der BNE-Ziele in ihrer Intention bereits erfasst, aber auch b) durch unser Förderkonzept für sehr verschieden behinderte Kinder, die einen vorrangig sensorischen, erlebnishaften sowie aktiv handelnden Zugang zu Lerninhalten brauchen. Die Aspekte der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes im Sinne der BNE treten nahtlos hinzu und nehmen daher einen hohen Stellenwert in unserer Arbeit mit den Kindern ein.

Die Vermittlung dieser Bildungsziele ist für unsere Kinder mit Förderbedarf vor allem durch praktisches, handelndes Kennenlernen von schützenswerten Ökosystemen und deren nachhaltiger Nutzung möglich. Dies bedingt einen Lernort, der das tägliche Erleben insgesamt mit der Thematik und Atmosphäre „Natur“ durchzieht. Anders als an Regelschulen, wo mehr kognitiv bestimmtes, zeitlich begrenztes Projektlernen Akzente setzen kann, profitieren unsere beeinträchtigten Kinder mit ihren besonderen Hintergründen von kontinuierlichen Erfahrungen in ihrem Umfeld.

Ein Beispiel ist das Erleben des kompletten Jahreskreislaufes bei der Bewirtschaftung einer Gartenbau-Fläche bzw. der Pflege eines Biotops. Noch intensiver werden diese Erfahrungen, wenn größere Tiere einbezogen werden: Hühner, Schafe, Ziegen, Pferde. Hier muss die Winterbevorratung bedacht werden, wodurch sogleich ökologische Aspekte auftreten, die den Schulorganismus übergreifen: z.B. beziehen wir hochwertiges Heu aus Quellen, die uns zugleich bewusst machen, welche Vorteile eine reich blühende Heuwiese gegenüber einer Silage-Fläche hat! Durch die Tierhaltung tritt eine Mist-Kompost-Bewirtschaftung hinzu, die wiederum eine Vielfalt von ökologischen Lernmöglichkeiten bietet.

Der Betrieb einer Schulküche (s.o.) unter Einbeziehung von Schülergruppen korrespondiert mit Ernährungslehre, ebenfalls einem traditionellen Element des Waldorf-Fächerkanons. Neben den praktisch-hauswirtschaftlichen Lernerfahrungen werden Aspekte gesunder Ernährung, aber ebenso nachhaltiger Landwirtschaft und Ernährung unter dem Gesichtspunkt der Globalisierung intensiv in den Lehrgang einbezogen (siehe u.a. die SDGs Nr. 1, 2, 3, 12 der Agenda 2030). Während sich der Betrieb der Schulküche auf die Oberstufe bezieht, kann dieselbe ernährungsbezogene Thematik aber auch schon von den untersten Klassen an angebahnt werden, denn zur Ernte und Verarbeitung selbstangebauter Lebensmittel gibt es vielfältige Möglichkeiten bereits im Kindergarten. Siehe hierzu ~ und überhaupt zu vielen Aspekten unserer naturnahen Pädagogik ~ die bekannte vierbändige, jahreszeitlich gegliederte Bücher-Reihe „Natur-Kinder-Garten-Werkstatt“ von Irmgard Kutsch (Reichshof).

Durch Elemente aus der Wildnispädagogik fließen für unsere Schüler- und Schülerinnen jeder Altersstufe verbindende Erlebnisse mit der unmittelbaren natürlichen Umgebung ein. Mithilfe von Spielen und Tätigkeiten z.B. im Wald ermöglicht die Wildnispädagogik eine erneute, tiefe Verbindung zur Natur, die dem Menschen eigentlich innewohnt. Viele sinnliche Wahrnehmungen fördern die Aufmerksamkeit (nicht nur von beeinträchtigten Kindern) und schaffen so mehr Bewusstsein für Lebensräume und Artenvielfalt. Die Wildnispädagogik beabsichtigt sowohl die Entwicklung des einzelnen Menschen im Spiegel der Natur zu fördern, als auch die umgebende Natur nachhaltig zu schützen.

Gemäß verschiedentlicher langjähriger Erfahrung in unserm pädagogischen Team profitiert die Gesamtentwicklung der Kinder und Jugendlichen deutlich von der beschriebenen naturpädagogischen Orientierung. Hinzu kommt, dass im Förderschulbereich erfahrungsgemäß in vielen Fällen die werdenden Erwachsenen ihr berufliches Tätigkeitsfeld im gärtnerischen oder auch hauswirtschaftlichen Bereich finden, und zwar sowohl in der „betreuten Variante“ (WfbM) als auch auf dem freien Arbeitsmarkt (evt. unterstützt).

Weitere Konkretisierungen der geplanten Maßnahmen siehe im Punkt Lage und Außenbereich!

5.2   Gebäudeflächen

Gemäß vom Land vorgegebenem Raumprogramm wird als Gebäude eine Gesamtnutzfläche von ca. 3000 (ohne Turnhalle) bzw. 3400 (mit Turnhalle) qm benötigt bzw. refinanziert. Enthalten sind im unterrichtlichen Bereich die 12 Klassenräume, dazu Neben-, Therapie- und Fachräume sowie natürlich alle außerunterrichtlichen Flächen.

Nutzungen für naturpädagogische Zwecke werden oftmals in Räumen möglich sein, die für andere Unterrichte nicht in Frage kämen (Keller- oder Wirtschaftsräume, Schuppen etc.). Das gilt ebenso für die Schulküche.

5.3   Lage und Außenbereich

Es wird insgesamt eine außerstädtische Lage „in der Natur“ (außerhalb von Wohn- und Mischgebieten) benötigt aus folgenden Gründen:

Das Schulgelände
sollte folgende naturpädagogische Schwerpunkte ermöglichen:

Weitere Gründe für eine Lage außerhalb von Wohn- oder Mischgebieten:

Diese Gewerke sind zeitweise mit Lärmemission verbunden sind. Dies sind Erfahrungswerte aus der NN-Schule1, wo wir diese Gewerke betrieben. Maschinen- und Klopfgeräusche (Erlernen klassischer Schmiedetechniken sowie Kupfertreiben) waren durch die Konzeption des Gebäudes (überdachte Freiflächen zum Wald hin) und die Lage außerhalb von Wohngebieten tragbar.

5.4   Mögliche Kooperationen und Vernetzungen

Es bestehen teils langjährige Kontakte zu andern Akteuren auf den fachlichen Gebieten von Naturschutz und Naturpädagogik in der Region. Entsprechende Angebote zur Beratung hinsichtlich Geländegestaltung und -bewirtschaftung sollen einbezogen werden.

Grundsätzlich sehen wir das Schulgelände auch als offenen, öffentlichen Ort, der von andern Akteuren (z.B. KiTa-Gruppen, Schulklassen) genutzt werden könnte. Gerne würden wir zu gegebener Zeit unsere Möglichkeiten anderen Förderschul-Gruppen zur Verfügung stellen ~ da es speziell in dieser Richtung noch wenig Angebote zu geben scheint. Vielleicht ist dies im Rahmen des NRW-Landesprogramms „Schule der Zukunft“ (www.sdz.nrw.de) möglich.

Ebenso kann eine Vernetzung mit anderen Akteuren der sozialen Arbeit (z.B. einer WfbM) angedacht werden.

Mögliche Kooperationen sind z.B.:

6.   Weiteres zum Unterricht

6.1   Hauptunterricht / Epochenunterricht

Vielfältig bewährt hat sich über die gesamte 12klassige Schulzeit hin der waldorfspezifische „Epochenunterricht“: Der Klassenlehrer vermittelt zur besten Lernzeit des Tages die Hauptfächer der schulischen Lernens wie:

Grundsätzlich werden ca. vier Wochen lang täglich Unterrichtsthemen eines dieser Fächer unterrichtet. Die SchülerInnen haben so die Möglichkeit, vertieft in ein Thema einzutauchen. Nach einer solchen „Epoche“ kann das Gelernte „absinken“ und sich festigen, bis der Unterrichtsstoff in einer späteren Epoche wieder aufgegriffen, vertieft und weitergeführt wird („Spiralcurriculum“).

Ebenso bewährt hat sich ein schon „waldorf-klassischer“ Aufbau der einzelnen Unterrichtseinheiten (die daher nicht zu eng getaktet werden dürfen), besonders des Hauptunterrichtes:

  1. Rhythmischer Teil“: Das kognitive Lernen fällt leichter, wenn man sich durch „weckende“ körperliche, sprachliche, sinnliche Übungen in eine „frische“ lernbereite Haltung gebracht hat. In der Unterstufe nimmt dieser „Rhythmische Teil“ einen großen Raum ein. Aus der Nachahmung heraus werden die Kinder mit Gesang, Bewegung, Spielen, rhythmischen Sprach- und Artikulationsübungen zu einem harmonischen Miteinander geführt. Neben der so wichtigen Gemeinschaftsbildung bietet der „Rhythmische Teil“ unter therapeutischen Aspekten viele Möglichkeiten der Sinnesschulung und -nachreifung, der Sprach- und Gedächtnisförderung usw. Kinder, die mit dem rein kognitiv-betrachtenden Lernen Schwierigkeiten haben, finden auf diese Weise (soweit die ausgewählten Übungen z.B. themenbezogen sind) einen leichteren Einstieg und sind leichter zu motivieren.
  2. zentraler „Lernteil“: Hier werden die Unterrichtsthemen gemeinsam erarbeitet. Auf diesen Lernteil bezieht sich ~ ein Stück weit im Widerspruch zu öffentlichen Klischees über Waldorfpädagogik ~ der größte Teil des Fundus an waldorfpädagogischer Systematik und Methodik. Der inhaltliche Lernstoff selbst hat einen pädagogisch wirkenden („menschenkundlich“ erfahrbaren) Charakter. Daraus resultiert der altersmäßig relativ festgelegte, dennoch schriftlich nicht „ex cathedra“ festgelegte Waldorf-Lehrplan (siehe unten). Als einige wenige Beispiele seien erwähnt: die spezifische Buchstabeneinführung in der 1. Klasse, das Bruchrechnen in der 4. Klasse, die Pflanzenkunde (in ganz bestimmter Darstellungsart im Vergleichen der Pflanzenfamilien) in der 5. Klasse, ein kausal betrachtender Geschichtsunterricht erst in der 6. Klasse. Aus der spezifischen, in der Waldorfbewegung vielfach bewährten, beziehungsreichen Darstellungsweise dieser Inhalte folgt schon, dass im Kern dieses Lernteils der „lehrerzentrierte“ Unterricht sehr wohl seine Stellung behauptet, nicht aus traditionalistischen, sondern aus pädagogischen Gründen.
  3. Mit dem „Erzählteil“ schließt der „Hauptunterricht“ ab: der Lehrer erzählt den Kindern nicht einfach eine beliebige „Geschichte“, sondern sehr bewusst ausgewählte (ebenfalls in der Waldorfbewegung strukturierte und reflektierte) Inhalte, die wiederum dem seelischen Entwicklungsstand der SchülerInnen auf der jeweiligen Altersstufe entsprechen. Dies geschieht nicht als Vorlesen, sondern als freies Erzählen, in das die Kinder „eintauchen“ und dabei entspannen können. Doch über diese reine Entspannungsfunktion dient diese Phase auch dem „Nachklingenlassen“ des erarbeiteten Unterrichtsinhaltes, teilweise dem Vertiefen desselben, kann aber auch für andere pädagogische Zwecke eingesetzt werden.

6.2   Fachunterricht

An unser Schule sollen neben den oben genannten Hauptunterrichtsfächern weitere, teils waldorfspezifische Fächer etabliert sein:

6.3   Berufsvorbereitung / Schulabschlüsse

Die Schulzeit an der Neuen Förderschule soll ~ nach bewährtem Muster entsprechender Waldorfschulen für alle 4 genannten Förderschwerpunkte ~ auf 12 Schuljahre ausgelegt sein. Die Durchlässigkeit der Schule ist selbstverständlich gegeben, d.h. die Möglichkeit, die Schule evt. früher zu verlassen, nach Absprache auch bereits mit dem „Hauptschulabschluss nach Klasse 9“. Unser waldorf-orientierter Bildungsgang ist jedoch auf die 12 Jahre angelegt. Der Förderbedarf aller SchülerInnen wird gemäß schulrechtlichen Bestimmungen mindestens jährlich überprüft.

In der Oberstufe (ab Klasse 9) wird ein deutlicher Schwerpunkt auf die Förderung berufsbezogener Fähigkeiten und beruflicher Orientierung gelegt. Die handwerklichen Fächer werden innerhalb von Halbjahres- oder Jahresepochen intensiviert; dabei werden direkt praxisbezogene kulturtechnische berufsbezogene Fähigkeiten geübt, z.B. Material- oder Kostenberechnungen, Formulierungen von Geschäftsbriefen (idealerweise soll ein Schülerladen entstehen) etc. Praktika werden sowohl gruppenweise (z.B. Forstpraktikum) als auch mehrmals in individueller Form (in Handwerk, Industrie, Dienstleistung, WfbM etc.) durchgeführt und von uns in Kooperation mit den Praktikumsstellen und anderen Institutionen (u.a. Agentur für Arbeit) begleitet.

Klassenwiederholungen sind, wie generell in Waldorfschulen, nicht vorgesehen, sie würden die angestrebte Gemeinschaftsbildung unterbrechen, und eine Differenzierung auf jeden einzelnen Schüler muss an unserer Schule ohnehin gewährleistet sein. Die erreichbaren Schulabschlüsse richten sich nach den individuellen Möglichkeiten der SchülerInnen. Für die SchülerInnen mit den Förderschwerpunkten „Lernen“ sowie „Emotionale und soziale Entwicklung“ ist dies meistens der „Hauptschulabschluss nach Klasse 9“.

Für die SchülerInnen mit dem Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“ kann die Schulzeit evt. gemäß den schulrechtlichen Bestimmungen verlängert werden, wenn der betreffende junge Erwachse damit dem Ziel des Bildungsganges nähergebracht werden kann. Wir wollen hier unpädagogische „Ehrenrunden“ auf jeden Fall vermeiden. Andererseits schwebt uns vor, evt. zusätzlich für einige SchülerInnen Möglichkeiten für den Übergang ins Arbeitsleben an unserer Schule zu schaffen (z.B. im Küchen- und Hauswirtschaftsbereicht, in der Hausmeisterei).

7.   Lehrplan

„Der“ Lehrplan „der“ Waldorfschule ist nicht letztgültig kodifiziert, sondern befindet sich in ständiger Weiterentwicklung. Genau so waren die vor über 100 Jahren von Rudolf Steiner gelegten Grundlagen gemeint: als Anregungen, die vor allem dadurch wirken, das man ihren Sinn begreift. Dies geschieht sowohl in den einzelnen Schulen (Konferenzarbeit) wie auch in den Vernetzungen der Waldorfbewegung. Nachfolgend sind schriftliche Grundlagenwerke angegeben ~ die sich jedoch nicht auf den Förderschul-Bereich beziehen. Auch diese Arbeit ~ die flexible Abwandlung von aus der allgemeinen Waldorfschulbewegung stammenden Lerninhalten und Lernzielen auf Förderschulen ~ wird in der ständigen Arbeit sowohl vor Ort wie auch in der Bewegung (Fortbildungen, Zeitschriften, Websites wie www.waldorf-ideen-pool.de) geleistet.

Für die unter Punkt 5 „Mensch und Natur“ genannten Inhalte werden ~ auch unter Hinzuziehung der bereits vorliegenden Anregungen der möglichen Kooperationspartner ~ zu gegebener Zeit Detail-Lehrpläne ausgestaltet.

8.   Zeitschiene / sukzessiver Aufbau

Uns schwebt ein Start der Schule zum Schuljahresbeginn im Sommer 2025 vor.

Wir würden mit ca. 4 Schulklassen beginnen: entweder die Klassen 1 bis 4, oder (wahrscheinlicher) etwas altersübergreifende Klassen, z.B. 1/2, 3/4, 5/6, 7/8. Für letzteres spricht, dass die Eltern einiger SchülerInnen aus stark belasteten Schulsituationen bereits unseren Schulanfang erhoffen, und diese sich nicht exakt in 4 Einzelklassen einordnen lassen.

Ab Sommer 2026 würden wir jedes Jahr eine neue Einschulungsklasse (1. Klasse) aufnehmen.

Mehrere von uns Pädagogen haben mit diesem Modell sukzessiven Wachstums Erfahrung aus den Frühzeiten der NN-Schule1.

Das skizzierte Modell würde einen Start ermöglichen, ohne dass die gesamte Bausubstanz bereits schulgerecht umgebaut ist. Auch unter finanziellen und personellen Aspekten spricht einiges für ein langsameres, gesundes Wachstum.

1 Aus Gründen des Datenschutzes wird in diesem öffentlichen Text der Name der Vorgänger-Schule nicht erwähnt.

Siegen, 21. Mai 2024


Hier können Sie dieses Schulkonzept als pdf laden.

Ist dies zu mühsam zu lesen? Versuchen Sie es alternativ mit dem „Schulkonzept in Häppchen“, das wir ab Mai 2024 nach und nach entwickeln.



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