Sonntag, 23. Juni 2024
„Unsere Kirche feiert verschiedene Feste, welche zum Herzen dringen“, so beginnt Albert Stifter seinen „Bergkristall“, und diese Feste, so schreibt er, „begleiten uns durch das Leben“. Dabei sind sie in die natürlichen Jahreszeiten eingebettet, die sich in unsern Breitengraden so deutlich unterscheiden: Nicht nur sind Sommer und Winter von der Temperatur her ein scharfer Gegensatz ~ einen ebenso deutlichen Erlebniskontrast bilden der aufblühende Frühling und der absterbende Herbst.
Die christlichen Feste sind nicht aus Willkür oder Zufall auf ihre Termine gelegt worden. Für Weihnachten mit Jesu Geburt und Ostern mit Christi Auferstehung ist das für die meisten Menschen selbstverständlich. Zwei andere Feste, Johanni im Hochsommer und Michaeli im Herbst, sind in unserer Zeit, die sich vom Landleben und von kirchlichen Gebräuchen weitgehend gelöst hat, ziemlich in Vergessenheit geraten. Wir wollen das in unserer Schulbewegung gern wieder etwas hervorholen und pflegen. Denn es ist sehr wertvoll für die Kinder, wenn sie den Jahreslauf nicht nur an ihren eigenen Aktivitäten erleben (Schlittenfahren, Winterjacke tragen, Rollschuh fahren, Sommerferien haben, Schwimmbad …), sondern wenn sie mit den Erwachsenen zusammen auf Feste hinleben können, die in tieferem Sinn „zum Herzen dringen“. Für Weihnachten kennen wir das ja noch.
In diesen Tagen feiern wir die „Sommer-Weihnacht“, das Johanni-Fest. Als Geburtsfest Johannes des Täufers ist es quasi der Gegenpol zur Weihnacht und wurde sinnig auf den 24. Juni gelegt, fällt also annähernd mit der Sommer-Sonnenwende zusammen.
Die längsten Tage, die kürzesten Nächte, mit ihren Glühwürmchen oder Leuchtkäferchen: das ist die Zeit, wo „die Erde ganz ausgeatmet hat“, wo wir uns als Menschen ganz nach außen „verlieren“ könnten. Um so wichtiger ist es, dass wir uns eben nicht verlieren, sondern uns „vertrauend suchen“ können in „Weltenlicht und Weltenwärme“, wie es im Johanni-Wochenspruch heißt.
Da steht dann in dieser Hochsommerzeit Johannes der Täufer und weist auf den „höchsten Herrn der Welt“ hin, in dem wir immer wieder zu uns selbst kommen können. „Er muss wachsen, ich aber muss geringer werden.“ Schon als ungeborenes Kind, so berichtet ja die Bibel, freute Johannes sich „hüpfend“ auf den, den er später im Jordan taufen wird.
In unserm Gartenbaugelände ~ so wollen wir es auch für die neue Schule ~ schmücken wir den Platz, tanzen als Schulgemeinschaft zu den Akkordeonklängen Folkloretänze, singen Lieder wie dieses und zünden das Johanni-Feuer an. Auch wenn es wegen der Schulzeit am hellichten Tag sein muss, knüpft es an die uralte Tradition der nächtlichen Sonnenwend- und Johannifeuer an. Das Hinüberspringen über dies Feuer ist solch ein Erlebnis, das die Kinder dann fest mit Johanni verbinden.
Viele weitere Akzente ~ der Schmuck im Schulhaus, Johanni-Leckereien aus der Natur, Basteleien und Spiele, und natürlich die im Morgenkreis erzählten Geschichten ~ tragen in der Johanni-Zeit dazu bei, dass die Kinder sich nicht nur in der winterlichen und weihnachtlichen Innigkeit, sondern auch im vibrierenden Hochsommer geborgen fühlen in der Liebe und Wahrheit des höchsten Herrn der Welt.