Freitag, 20. September 2024
Kinder, die von „Behinderungen“ oder von „Lern- und Entwicklungsstörungen“ betroffen sind, brauchen besondere Unterstützung. Vorweg: immer wieder, wo auch immer man aufmerksam wird auf das Anderssein von Menschen, versucht man die Begrifflichkeiten so zu gestalten, dass sich Menschen nicht dadurch diskriminiert fühlen. Die oben genannten Ausdrücke entstammen den wesentlichen Vorgaben, die es in NRW für unser Thema gibt, dem Schulgesetz und der Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung (AO-SF). Natürlich kann man sagen: Was soll das? Jeder ist „anders“. Wieso soll mein Kind „behindert“ oder „gestört“ sein? Auch Steiner hat das gesagt und problematisiert. Denn es geht letztendlich weniger um den Sprachgebrauch als um das Denken und die innere Einstellung. Wichtig ist: aufmerksam zu sein auf das, was ein Mensch, ein Kind braucht. Die Form, wie man ihm das dann zukommen lassen will, ob in einem inklusiven Setting oder in einer Förderschule, wie wir es wollen, ist zweitrangig. Das genannte Gesetz und die Verordnung beziehen sich auf beides.
Wir sollten also „Förderschwerpunkte“ nicht als stigmatisierende Stempel und auch nicht als starre Schubladen nehmen, die den Kindern vielleicht Chancen verbauen. Im Gegenteil, es geht um den Hilfe-Anspruch und es wird nichts verbaut. Der Förderschwerpunkt wird regelmäßig überprüft, und ohnehin sind die Eltern, bis hin zu weitreichenden Widerspruchsmöglichkeiten, in die offiziellen Verfahren einbezogen. Unser sozialstaatliches Hilfesystem ist in dieser Hinsicht sehr bewusst gestaltet ~ kann aber natürlich nicht alle Probleme der Gesellschaft lösen.
In unserer Schule möchten wir die Förderschwerpunkte
beschulen. In der AO-SF finden Sie die groben Vorgaben dazu: trifft einer dieser Förderschwerpunkt auf mein Kind zu? Schulberatungs- oder ähnliche Stellen, aber natürlich auch unsere KollegInnen, können Ihnen das für Ihr Kind „übersetzen“.
Die behördliche Zuweisung eines Kindes zu einem Förderschwerpunkt hieß nun früher (bei uns in Deutschland, das sein System von Förderschulen insoweit stark differenzierte): das Kind muss eine für diesen Förderschwerpunkt spezialisierte Schule besuchen.
Heute ist dies flexibler: nicht nur dass das Kind eine inklusive Schule besuchen kann. Aus verschiedenen Gründen ist es dazu gekommen, dass zumindest für die drei ersten genannten Förderschwerpunkte (eben die „Lern- und Entwicklungsstörungen“) oft keine getrennten Schulen mehr betrieben werden, sondern gemeinsame.
Diesen Weg gehen wir in unserer Schulkonzeption noch entschiedener. Schon seit Jahrzehnten gibt es einige Waldorf-Förderschulen, die die genannten Förderschwerpunkte miteinander integrieren, weil sie sagen: auf diese Weise können sich die so verschiedenen Kinder wunderbar gegenseitig stützen, ergänzen, ja „fördern“.
Die Messlatte eines „Intelligenzquotienten“ ist eben nicht alles! Wenn ein Schüler, sei es aufgrund „mitgebrachter“ Probleme, seelischer Traumatisierungen oder was auch immer, nicht im konzentrierten kognitiven Lernen auf „normalem“ Niveau mithalten kann, dann helfen ihm unter Umständen die Erfahrungen ganz entscheidend, die er im Zusammensein mit „geistig behinderten“ Kindern machen kann: er entdeckt andere seelische Ebenen an sich, erfährt sich als wertvoller Helfer statt als ständig frustrierter Looser. Umgekehrt lebt durch die „kognitiv aufgeweckten“ Kinder eine Atmosphäre in der Klassengemeinschaft, die für die Kinder mit Förderschwerpunkt „GE“ eine Fülle von Anregungen bietet, die der Lehrer selbst nicht bieten kann. Schon der sprachliche Wortschatz ein ganz anderer, als wenn die „GE“-Kinder unter sich wären ~ und es ist sehr positiv, wie die oft als Quereinsteiger-Kinder gekommenen „emotional-sozialen“ Kinder sich dann doch feinfühlig diesbezüglich „anpassen“ … Kommen Sie hospitieren, sobald dies möglich ist!
Die Aufgabe der LehrerInnen, auch auf kognitiver Lern-Ebene, bleibt selbstverständlich: jedem Kind das richtige „Futter“ zu geben. Das ist in unseren Klassengrößen gut zu bewältigen, durch Differenzierung, und zugleich durch viel gemeinsames „Lernen fürs Leben“.